Sonntag, 3. April 2011

Die Frage nach Glück - und was Geld damit zu tun hat

Ich will in diesem Blogeintrag vor allem Bezug auf zwei Männer nehmen, die beide eigene Texte zum Thema Glück verfasst hatten. Ich möchte dies mit der Geldfrage, die schon ein paar von der Klasse im vorhergehenden Blog behandelt haben, verbinden, da mir beide zentral erscheinen.

Zuerst will ich die Schrift des grossen Philosophen Arthur Schopenhauer vorstellen: In seinen „Aphorismen zur Lebensweisheit“ erklärte er eine mir sehr plausible Logik weswegen verständlicherweise das Geld in unserer Gesellschaft eine so wesentliche Rolle spielt. Ein jedes Gut – sei es Essen oder Schmuck – erfüllen nur einen Wunsch zum vermeintlichen Glück. Essen für den Hungrigen, Schmuck für den Eitlen und so weiter. Doch Geld ermöglicht alles, somit wird es zu dem Gut, dass einem alle Güter, und somit alle Wünsche, ermöglichen kann. Man darf aber mit Wünschen nur die materiellen Wünsche verstehen, da man bekanntlich immaterielle, wie zum Beispiel Gefühle nicht kaufen kann. Mir fiel Schopenhauer ein, da ich an die Situation der Bürger von Güllen dachte, die wie ein Musterbeispiel für diese Erklärung sind. Es scheint, als hätte Claire Zachanassian Schopenhauer gelesen, denn mit ihrem angebotenem Geld würden sich nicht nur die finanziellen Sorgen der Güllener lösen, sondern auch eine Aussicht auf das Glück selbst wird gestellt. Dies offenbart sich zum Beispiel in der Szene auf Seite 57, in der sich die beiden Frauen Schokolade, also ein Luxusgut, sprich: etwas „Glück“, leisten. Da die Güllener das Geld noch nicht reell besitzen, verkörpert für sie Claire Zachanassian das Geld, also auch automatisch das Glück. Ill auf der anderen Seite verhindert diese Möglichkeit zum Glück. Wenn man dies abstrakter beschreiben würde, wäre Ill das moralische Denken der Güllener, dass überwunden, „getötet“ werden muss, um zum Glück zu kommen . Claire Zachanassian stellt ihnen nun diese konkrete Bedingung, was für mich eine Kritik Dürrenmatts an der Gesellschaft darstellt. Doch darauf soll nicht weiter eingegangen werden, weiter zum nächsten Punkt meines Blogeintrages.

Die nächste Theorie stammt von Abraham Maslow, einem amerikanischen Psychologen. Mit dieser will ich auf die Situation von Claire Zachanassian versuchen zu verstehen. Die Theorie lässt sich so erklären: Die Bedürfnisse der Menschen kann man stufenweise ordnen; zuunterst sind die körperlichen Bedürfnisse wie zum Beispiel Essen und Trinken, dann kommt das Bedürfnis nach Sicherheit, dann jenes nach Zugehörigkeit und Liebe, dann das nach Anerkennung und zuletzt das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Glück wird dann erreicht, wenn man auf der zweiten Stufe angelangt ist. Ich möchte eigens einen Zusatz zu dieser Theorie hinzufügen, und zwar, dass wenn man von zu „hoch“ auf die unterste Stufe zurückfällt, dass man dann nicht mehr aufsteigen will. Diese Erkenntnis gewann ich aus dem Leben von Claire Zachanassian, da sie vor ihrer Schwangerschaft bis mindestens auf die Stufe mit dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe, die von Ill verkörpert wurde, aufgestiegen ist. Doch dann, als sie schwanger wurde, fiel sie sehr hart zurück auf die erste Stufe: Ill verriet sie und nahm ihr die Liebe. Darauf musste sie sich als Dirne verdingen, was ihr die Sicherheit wegnahm. Auf der untersten Stufe angekommen, entschied sie sich, nicht mehr irgendwie nach Glück zu streben und ersetzte das Glück durch die Rache, also die Selbstjustiz. Man könnte anfügen, dass doch eigentlich das Geld sie auf die zweite Stufe brachte, da es ihr eine gewisse „Sicherheit“ gibt. Doch diese Sicherheit – um wieder zu Schopenhauer zurückzukehren – ist auch nur materiell, und bei Maslow wird mit Sicherheit die soziale bezeichnet.

Somit zeigt sich, dass man mit Geld nicht Glück im immateriellen Sinne, sehr wohl aber Selbstjustiz kaufen kann, wenn diese für Aussenstehende als Möglichkeit für ihr eigenes (materielle) Glück wahrgenommen wird.